Interview Dr. Gabriele Hahn

„Kinderradiologie: Ein kleines, feines, aber notwendiges Gebiet“

Am 28. und 29. März 2014 findet in Dresden die kinderradiolische Fortbildung "Röntgen im Kindesalter - was ist noch zeitgemäß?" statt. Die wissenschaftliche Leiterin Dr. med. Gabriele Hahn spricht im Interview über die Inhalte der Veranstaltung sowie über den Stellenwert der Kinderradiologie in Deutschland.

Welche Kenntnisse werden Ärztinnen und Ärzte beim Besuch der Veranstaltung „Röntgen im Kindesalter – Was ist noch zeitgemäß?“ mitnehmen?

Fachärztin für Radiologie, Kinderradiologie und Kinderheilkunde am Universitätstklinikum DresdenDr. Gabriele Hahn Fachärztin für Radiologie, Kinderradiologie und Kinderheilkunde am Universitätstklinikum DresdenHahn: Unsere kinderradiologische Fortbildungsveranstaltung findet inzwischen zum sechsten Mal in Dresden statt. Dabei achten wir auf eine wechselnde thematische Ausrichtung. Entweder wenden wir uns bestimmten bildgebenden Methoden oder verschiedenen klinischen Fragestellungen bei Erkrankungen im Kindesalter zu.
Im März dieses Jahres stehen konventionelle Röntgenuntersuchungen im Kindesalter in unserem Fokus. Die Beurteilung von Röntgenaufnahmen von Kindern ist eine der schwierigsten Aufgaben. Hier ist viel klinische und radiologische Erfahrung gefragt. Aus meiner langjährigen Erfahrung als Kinderradiologin am Uniklinikum Dresden sehe ich, dass es vielen radiologischen und klinischen Kollegen schwer fällt, ohne entsprechende Ausbildung die richtige Diagnose zu stellen bzw. einen Normalbefund zu erheben. Im Vergleich zum Erwachsenen gibt es eben große Unterschiede. Was im Kindesalter ein Normalbefund ist, kann bei einem Erwachsenen pathologisch, ja sogar ein Tumorverdacht sein. Kinder sind eben keine kleinen Erwachsenen.
Mein Anliegen in dieser Fortbildungsveranstaltung ist es daher, sich mit dem Basiswissen der Kinderradiologie zu beschäftigen: Was ist heute der technische Stand im Röntgen für die Kinder? Welche Erkrankungen können mittels Röntgentechnik diagnostiziert werden? Wobei reicht welche Aufnahme für eine treffende Diagnose und wann müssen sich weitere Untersuchungen anschließen? Hierbei möchten wir nicht nur Kinderradiologen ansprechen, sondern vor allem Ärzte in der Weiterbildung zum Radiologen und Pädiater sowie Kinderchirurgen und alle anderen interessierten Ärzte.

Wie ist der Stand der Kinderradiologie in Deutschland im Jahr 2014?

Hahn: Leider problematisch! Schon seit vielen Jahren müssen sich die Kinderradiologen an den Universitäten und großen Kinderkliniken sehr darum bemühen, überhaupt bestehen zu bleiben und das Aufgabengebiet personell abzusichern. Oft ist es so, dass viele Abteilungen ihren Status der Selbstständigkeit verloren haben – und damit auch die Möglichkeit Nachwuchs auszubilden erheblich schwerer geworden ist. Deswegen ist die Anzahl der praktizierenden Kinderradiologen in Deutschland immer geringer geworden. Das ist ein Trend, der in den letzten 20 Jahren schon zu erkennen war, sich aber nun soweit verschärft hat, dass die Kinderradiologie zum Teil nur noch an einzelnen Personen hängt.

Was sind die Gründe für diese Entwicklung?

Hahn: Die Kinderradiologie ist im Vergleich zur allgemeinen Radiologie oder Neuroradiologie ein Gebiet, das finanziell nicht sehr lukrativ ist. Zudem wird auf diesem Gebiet aus mehreren Gründen nicht viel Forschung betrieben. Es wäre daher sehr wünschenswert, wenn die Radiologie, die Pädiatrie und die Kinderchirurgie insgesamt mehr Wert auf die Kinderradiologie legen würden - als kleines feines Gebiet, das wirklich notwendig ist.


Was zeichnet einen guten Kinderradiologen aus?

Hahn: Klinisches Feeling gepaart mit dem „radiologischen Blick“. Er muss sich gut mit den Erkrankungen im Kindesalter auskennen, da diese sich von denen im Erwachsenenalter sehr unterscheiden. Im Umgang mit den Kindern ist es zudem grundsätzlich nötig, dass man sich über die Strahlenbelastung mehr Gedanken macht. Denn Kinder sind erheblich strahlenempfindlicher als erwachsene Patienten. Aufgrund ihres wachsenden Gewebes und auch hinsichtlich der Fortpflanzung ist sehr darauf zu achten, dass hier so wenig Strahlen wie möglich eingesetzt werden, das heißt Röntgendiagnostik und die Computertomografie mit Bedacht und sicherer Indikation als Untersuchungsmethoden zu wählen sind. Daraus resultiert, dass man sich als Kinderradiologe besonders gut mit den Methoden Magnetresonanztomografie und Ultraschall auskennen muss. Forschung auf diesen Gebieten ist daher auch besonders wichtig für die Kinderradiologie.

Was wünschen Sie sich für die Entwicklung der Kinderradiologie in Deutschland?

Hahn: Eine stärkere Interdisziplinarität und Kommunikation ist wünschenswert. In meinem Bereich hier in Dresden findet eine gute gemeinschaftliche Arbeit zwischen den Kinder-versorgenden medizinischen Disziplinen und der Kinderradiologie statt, und dies führt zu den richtigen Diagnosen. Das ist befriedigend sowohl für die Ärzte in ihrer Arbeit als auch für die kleinen Patienten und ihre Eltern. Wichtig ist aber auch eine entsprechende finanzielle Unterstützung und Ausstattung der kinderradiologischen Abteilungen. Um kindgerecht arbeiten zu können, müssen entsprechende radiologische Geräte, jeweils angepasst an das Alter des Kindes, vorhanden sein.


Vielen Dank für das Gespräch!

Hier gelangen Sie zur Anmeldung der Veranstaltung "Röntgen im Kindesalter – was ist noch zeitgemäß?" am 28. und 29. März 2014 in Dresden.