INTERVIEW

Interdisziplinär, zukunftsorientiert und aktuell: die 12. Deutschen Kardiodiagnostik-Tage

mit 13. Leipziger Symposium Nichtinvasive Kardiovaskuläre Bildgebung

Vom 20. bis 22. Februar 2020 finden die 12. Deutschen Kardiodiagnostik-Tage in Leipzig statt, zum neunten Mal als interdisziplinäre Veranstaltung unter der Ägide der AG Herz- und Gefäßdiagnostik der Deutschen Röntgengesellschaft (DRG) und der Arbeitsgruppen für CT und MRT der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) sowie zum zweiten Mal zusammen mit der AG Kardiovaskuläre Nuklearmedizin der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin (DGN). Ein Interview mit Prof. Dr. Matthias Gutberlet und Prof. Dr. Holger Thiele, die zusammen mit Prof. Dr. Dr. Philipp Lurz und Dr. med. Christian Lücke die Tagung leiten.


_Welche fachlichen Schwerpunktthemen erwarten die Besucherinnen und Besucher der 12. Deutschen Kardiodiagnostik-Tage (DKDT), die vom 20. bis 22. Februar 2020 in Leipzig stattfinden?

Prof. Dr. Holger Thiele Prof. Dr. Holger Thiele: Neben den Dauerbrennern der Gewebecharakterisierung in der kardialen MRT, dem T1-, T2-Mapping und der ECV-Bestimmung, werden vor allem die zunehmende Rolle der Koronar-CT, gestützt durch Ergebnisse großer Multicenterstudien, wie DISCHARGE und SCOT-Heart, sowie die Ergebnisse von Studien zur nicht-invasiven Ischämiediagnostik wie MR-Inform und dem ISCHEMIA-Trial im Vordergrund stehen.

_Neben den bewährten MRT-, CT-, Nuklearkardiologie- und Echoworkshops finden 2020 erstmalig auch Workshops zum Einsatz der Künstlichen Intelligenz (KI) in der kardiovaskulären Bildgebung statt. Wie kann die KI bereits heute in der kardiovaskulären Bildgebung unterstützen?

Prof. Dr. Matthias Gutberlet Prof. Dr. Matthias Gutberlet: Das tut sie bereits, zum Beispiel zur Unterstützung der Segmentierung der Ventrikel im Rahmen der kardialen MRT, beim Datenpostprocessing etc. In dem Workshop sollen Grundlagen der Nutzung von KI im Rahmen der kardiovaskulären Bildgebung sowie erste Produkte von Herstellern zu diesem Thema präsentiert und diskutiert werden. Wir wollen einen Einblick geben, wie in Zukunft und bereits heute diese neuen Techniken sinnvoll genutzt werden können.

_Die Keynote Lecture „KI – Radiomics: Und wo bleibt der Arzt?“ gewährt einen Ausblick auf die Zukunft der kardiovaskulären Bildgebung 2030. Welche Veränderungen sind in den kommenden Jahren durch KI zu erwarten?

Thiele: Gerade im Bereich der kardiovaskulären Bildgebung gibt es immer noch zahlreiche sehr zeitaufwändige Schritte, vor denen sowohl Anfänger in der kardiovaskulären Bildgebung als auch bereits Erfahrene zurückschrecken. Das sind neben der Ventrikelsegmentierung, insbesondere des rechten Ventrikels, vor allem die Muskelmassenbestimmung, aber auch die Annulusausmessung bei der CT-TAVI-Planung. Mittels KI werden solche Aufgaben in Zukunft zuverlässiger und standardisierter erledigt werden können, als es das heute auch eine gut ausgebildete Ärztin beziehungsweise ein gut ausgebildeter Arzt oder MTRA kann. Erkenntnisse aus ganz großen Bilddatenmengen von Registries etc. werden durch KI wahrscheinlich überhaupt erst zu gewinnen sein.

_In Ihrem Grußwort verweisen Sie unter anderem auch auf die in 2019 aktualisierten Leitlinien zum chronischen Koronarsyndrom (CCS), die der nichtinvasiven kardialen Bildgebung einen neuen Stellenwert geben würden. Was genau hat sich verändert und inwieweit haben die von Ihnen genannten Leitlinien eine Relevanz für das Tagungsprogramm beziehungsweise finden sich in diesem wieder?

Gutberlet: Bereits in den Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) von 2013 wurde der Stellenwert der Vortestwahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Koronaren Herzkrankheit (KHK) bei der Wahl einer diagnostischen Methode betont. Für die Wahl eines nicht-invasiven Verfahrens wie Stress-Echo, Stress-MRT, SPECT, PET und Koronar-CT wurde hier eine mittlere Vortestwahrscheinlichkeit zwischen 15-85 Prozent gefordert und für das CT galt bereits ein Vorteil in der Gruppe mit einer niedrigen mittleren Vortestwahrscheinlichkeit zwischen 15-50 Prozent als erwiesen. Der invasive Herzkatheter als primäre diagnostische Methode war nur in der Gruppe mit hoher Vortestwahrscheinlichkeit indiziert. In den neuen Leitlinien 2019 wurde nun die Berechnung der Vortestwahrscheinlichkeit den neuen Erkenntnissen zur Prävalenz der KHK angepasst, sodass nun aufgrund der neuen Berechnungsgrundlage weniger Patienten mit Verdacht auf KHK primär in die Gruppe mit Indikation für eine invasive Diagnostik fallen, was die nichtinvasive Bildgebung insgesamt und die Koronar-CT-Diagnostik, aber auch die funktionelle Ischämiediagnostik mittels Stressecho oder MRT im Besonderen stärkt. Diesen neuen Bedingungen wollen wir auf den 12. DKDT Rechnung tragen.

_Erstmalig haben Sie einen „Science Slam“ und einen „World Cup“ zwischen drei interdisziplinären Teams aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zum Thema Kardiomyopathien geplant. Was genau erwartet die Besucherinnen und Besucher auf diesen Veranstaltungen?

Thiele: Bei beiden neuen Formaten sollen die Vortragenden versuchen, in kurzer Zeit die Zuhörerinnen und Zuhörer für sich und ihr Thema, ihre Diagnosefindung beziehungsweise ihre Studie zu gewinnen. Neu ist dabei neben der limitierten Zeit auch der Wettbewerbscharakter, der aber bewusst nicht auf einen Wettbewerb zwischen den Disziplinen abzielt. Die Zuhörerinnen und Zuhörer werden aktiv eingebunden und dürfen mit abstimmen. Wir hoffen, dass das für alle Beteiligten kurzweilig und vor allem auch informativ werden wird.

_Die DKDT wenden sich nicht nur an Expertinnen und Experten aus der Radiologie und Kardiologie, sondern auch aus angrenzenden Fächern wie der Herzchirurgie, Inneren Medizin, Allgemeinmedizin und Nuklearmedizin. Wie wichtig ist Ihnen der interdisziplinäre Austausch und schlägt sich diese Interdisziplinarität auch im Tagungsprogramm nieder?

Gutberlet: Der interdisziplinäre Austausch ist sehr wichtig, weshalb wir auch die Kurse in Nuklearmedizin und Echokardiographie trotz etwas geringerer Beteiligung im Vergleich zu MRT und CT weiterführen. Sie ermöglichen es, dass jeder auch über seinen Tellerrand hinausschauen kann. Die Bildgebung wird eingesetzt, um am schonendsten für die Patientin oder den Patienten zur Diagnose zu kommen und der Operateurin oder dem Operateur beziehungsweise Interventionalistin oder Interventionalisten die bestmögliche Vorbereitung auf den Eingriff zu ermöglichen.

_Auch 2020 haben Sie wieder ein Programm für Medizinisch-Technische Radiologieassistentinnen und -assistenten geplant. Worauf dürfen sich MTRA besonders freuen?

Thiele: Dass sie neben den auf sie zugeschnittenen Kursen und mehr MTRA als Vortragenden auch stärker in das allgemeine Programm inklusive LIVE-Cases und FACE-OFF Sessions eingebunden sein werden.

_Warum sollte man sich die 12. Ausgabe der DKTD in Leipzig nicht entgehen lassen?

Gutberlet: Weil man innerhalb Deutschlands bei keiner anderen Veranstaltung so kompakt die neuesten Trends in der kardiovaskulären Bildgebung aus interdisziplinärer Sicht erfährt und dabei auch noch ein zertifiziertes Weiterbildungsprogramm durchlaufen kann.

_Welche Programmpunkte sind Ihre persönlichen Highlights?

Thiele: Ich freue mich besonders auf die neuen Programmpunkte KI und Science Slam.

Gutberlet: Und nicht zu vergessen: der Diagnose „World-Cup“!

Vielen Dank für das Gespräch!