Interview

Radyoloji trifft Radiologie: Dreiländertagung GAST 2015

„GAST“ – diese einladende Abkürzung steht für die gemeinsame Tagung der Deutschen, der Österreichischen und der Türkischen Radiologischen Gesellschaften. Am 1. und 2. Mai findet das GAST-Symposium 2015 in Innsbruck statt; es ist bereits das vierte Treffen. Organisator PD Dr. Dr. Stefan Wirth aus München spricht im Interview über gemeinsame Ziele, vermeintliche Unterschiede und die Themenschwerpunkte des Symposiums.

PD Dr. med. Dr. rer. biol. hum. Dipl. inform. univ. MBA Stefan Wirth ist Geschäftsführender Oberarzt am Institut für Klinische Radiologie, LMU München, und organisiert das GAST Symposium 2015.PD Dr. med. Dr. rer. biol. hum. Dipl. inform. univ. MBA Stefan Wirth ist Geschäftsführender Oberarzt am Institut für Klinische Radiologie, LMU München, und organisiert das GAST Symposium 2015.

Eine spannende Kombination: Deutschland – Österreich – Türkei. Wie kam es zu dieser Konstellation?

Wirth: Speziell in den deutschsprachigen Ländern besteht ein besonderes Verhältnis zur Türkei. Einerseits ist die Türkei für uns seit vielen Jahren ein beliebtes Urlaubsziel; sie bietet eine alte, interessante, teils fremde und dadurch spannende Kultur. Andererseits leben und arbeiten viele Menschen, die selbst oder aber deren Eltern aus der Türkei stammen, heute in deutschsprachigen Ländern wie Deutschland und Österreich. Ein großer Teil hiervon besitzt auch die entsprechende Staatsbürgerschaft.
Über die kulturellen Aspekte hinaus entwickelt sich die Türkei auch im Bereich der Wissenschaft und Forschung überproportional schnell. Wohl nicht zuletzt deshalb wurde 2012 vom Bundesministerium für Bildung eine Richtlinie zur Förderung der verstärkten Zusammenarbeit mit der Türkei veröffentlicht.
Viele türkischen Kollegen haben Teile ihrer radiologischen Ausbildung in diversen Ländern außerhalb der Türkei absolviert, einige bei uns hier in München. Freundschaften sind so entstanden, die von beiden Seiten gepflegt wurden. So verwundert es nicht, dass neben diesen eher formalen Fakten die Geburtsstunde der Kooperation auf ein privates Treffen von türkischen und deutschsprachigen Radiologen am Rande des RSNA 2009 in Chicago zurückgeht. Die nationalen radiologischen Gesellschaften haben diese Idee sofort aufgegriffen und bisher auch in dankenswerter Weise kräftig unterstützt.

Was unterscheidet die Radiologie dieser drei Länder voneinander?

Zunächst einmal gibt es kulturelle Unterschiede und ich habe gelernt, dass man auch als vermeintlich weltoffener Mensch manchmal Vorurteile hat. So hatte ich zum Beispiel damit gerechnet, dass die medizinische Versorgung der Bevölkerung in West- oder Mitteleuropa besser als in der Türkei sei. Das ist, zumindest in den Städten, ein Irrtum. Beispielsweise werden in Deutschland zwar allein in Kliniken so viele MRT-Geräte wie in der Türkei insgesamt betrieben, nämlich ca. 11 Geräte pro 1 Mio. Einwohner. Dennoch werden in der Türkei insgesamt genauso viele MRT-Untersuchungen durchgeführt. Das liegt daran, dass die türkischen Geräte deutlich besser ausgelastet werden - 50 Untersuchungen und mehr pro Tag sind dort normal. Das erzwingt einen Schichtbetrieb mit all seinen Problemen, schafft aber auch eine sehr gute Verfügbarkeit ebenso wie eine hohe Kompetenz des ärztlichen und des medizinisch-technischen Personals. Außerdem habe ich durch den fachlichen Austausch gelernt, dass es in der Türkei noch in hoher Zahl und in verschiedenen Stadien ausgeprägte Krankheiten gibt, die bei uns seltener, aber ebenfalls wichtig sind. Die Tuberkulose und die Wurmerkrankungen sind hierfür typische Beispiele.

Welches werden die Themenschwerpunkte in diesem Jahr sein?

Die Kernthemen sind in diesem Jahr die entzündlichen Erkrankungen des Gehirns und die Bildgebung und Behandlung der Tuberkulose. Daneben werden wir über radiologische Forschung diskutieren und ein Bilderquiz zu den Bereichen Muskuloskelettale Radiologie, Thorax und Abdomen anbieten. Zudem sprechen wir über Bildgebung und interventionelle Behandlung der Echinokokkose und führen eine Session zum „Stumpfen Trauma des Körperstammes“ im Programm. Diese letzte Session ist schon ein Ausblick auf den diesjährigen türkischen Jahreskongress in Antalya, dem sich in diesem Herbst direkt vor Ort der Jahreskongress der European Society of Emergency Radiology (ESER) anschließen wird. Auch das ist sicher als Zeichen einer gewollten Intensivierung der Zusammenarbeit zu werten. Und schließlich verleihen wir wieder den GAST-Award! Nach den vergangenen Preisträgern Prof. Reiser, Prof. Okhan, Prof. Hruby, Prof. Elmas und mir ist es diesmal eine besondere Freude, die Auszeichnung an zwei weitere türkische Kollegen, Herrn Prof. Cem Calli und Herrn Prof. Mehmet Ertürk, zu verleihen. Der diesjährige Gastgeber, OERG-Past-Präsident Prof. Werner Jaschke, wird die Laudatio halten und die Verleihung vornehmen. Übrigens: Dieses Jahr ist die Teilnahme noch zusätzlich attraktiv: Der Kongress findet an einem verlängerten Wochenende im schönen Innsbruck statt, und die Teilnahmegebühr ist sehr erschwinglich. Wir hoffen, mit dem Veranstaltungskonzept insbesondere auch viele junge Radiologinnen und Radiologen zur Teilnahme anzuregen.


GAST 2015 - 4th Joint Meeting of the German & Austrian & Turkish Radiological Societies
1. und 2. Mai 2015, Innsbruck
Gebühren: ab 25 € für Studenten bis zu 55 € für Fachärzte
Veranstalter: Österreichische Röntgengesellschaft
Tagungssprache: Englisch
Weitere Informationen zu Kongress und Programm unter http://www.oerg.at/index.php/gast-2015.html

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