Garmisch-Symposium 2014

Dame, König, Ass, CT...

Das Garmisch-Symposium 2014 legt mit neuen Techniken und Methoden vor


Wintertime, auch bei Frühlingstemperaturen, ist Congresstime in Garmisch. Im Vorfeld des 8. Internationalen Mehrschicht CT-Symposiums befragte Daniela Zimmermann die beiden Kongresspräsidenten, Prof. Maximilian Reiser und Prof. Geoffrey Rubin, über ihre Erwartungen und Ziele, die sie abgesehen von der Vorfreude, viele Kollegen wieder zu treffen, an das diesjährige Meeting haben.


Der letzte CT-Kongress fand vor zwei Jahren statt. Was sind die wichtigsten Neuerungen hinsichtlich Technologie, Untersuchungstechniken und klinischen Anwendungen, die seitdem vorgestellt wurden?

Reiser: In der Tat haben die CT-Hersteller in diesen beiden Jahren einige phänomenale Innovationen in der Hard- und Software entwickelt. Die neuesten CT-Scanner, die während des RSNA letzten November angekündigt wurden, sind zwar noch nicht in der klinischen Praxis angekommen, werden aber zweifellos sehr einflussreich sein, insbesondere was die kardiovaskuläre und die onkologische Bildgebung betrifft.

Prof. Dr. Geoffrey Rubin
Ein Schwerpunkt dieses Jahr ist die Onkologie. Was sind dort die größten Herausforderungen?

Rubin: Die größte Herausforderung in der Onkologie ist die sichere und präzise Bewertung des Ansprechens auf die Behandlung. Die Tumorgröße ist nach wie vor der wichtigste Faktor, der das Ansprechen bestimmt, aber die herkömmlichen Messverfahren sind zu ungenau. Die Weiterentwicklung volumetrischer Techniken zur präzisen und reproduzierbaren Messung von Tumoren in allen Organen ist daher ein wichtiger Schritt. Auch alternative Möglichkeiten der Bildgebung, etwa Perfusionsdarstellung und Stoffwechselveränderungen im Tumor, werden die Tumordiagnostik bedeutend voranbringen. Was die Therapie angeht, so halte ich den hochintensiven fokussierten Ultraschall zur Behandlung fokaler Läsionen für äußerst vielversprechend.

Die Onkologie ist das Fach, das aufgrund seiner interdisziplinären Anforderungen die Art und Weise, wie Diagnose und Therapie durchgeführt werden, am nachhaltigsten verändert. Wie weit wird das gehen und welchen Einfluss hat dies auf die radiologische Ausbildung?

Reiser: Ich bin der Meinung, dass sich die Radiologen vor allem der Auswirkungen bewusst sein müssen, die ihre Aussagen auf die klinische Praxis haben. Dies bedarf der engen Zusammenarbeit mit den Zuweisern. In der Onkologie etablieren sich immer mehr interdisziplinäre Teams, die die Krebsbehandlung koordinieren, denen Onkologen, Chirurgen, Strahlenonkologen und weitere Experten angehören. Die Radiologen müssen sich in diese Teams einbringen und dafür sorgen, dass ihre Erkenntnisse optimal in die Behandlung des Patienten einfließen. Daher ist es ein wesentliches Ziel der Grundausbildung, aber auch der Fort- und Weiterbildung, die konstruktive Zusammenarbeit in interdisziplinären Teams einzuüben und die enorme Bedeutung dieser Zusammenarbeit zu vermitteln. Dazu gehören auch „Soft Skills“ wie kooperative Fähigkeiten und Empathie für den Patienten.

Ist die Spektral- bzw. Dual-Energy-CT ein Spielzeug für große Jungs? Oder spielt sie in der molekularen, metabolischen und funktionellen Bildgebung eine echte Rolle, die zur genaueren Charakterisierung von Tumoren beiträgt?

Rubin: Zunächst einmal bietet diese neue Technologie den Mädchen ebenso viel wie den Jungs! Wir befinden uns in der Frühphase der Entwicklung und Nutzung der Spektral- oder Dual-Energy CT. Die Detektion und Quantifizierung von Molekülen anhand der Ionisierungsenergie wesentlicher Komponenten hat meines Erachtens erhebliches Potenzial.
Reiser: Trotzdem bleibt noch viel zu tun, bevor wir die spektrale Separierung sicher einsetzen können, um zum Beispiel die Eisenkonzentration in der Leber zu bestimmen. Unbestritten gibt es die Hoffnung, dass die Spektral-CT die Detektion spezifischer Tracer voranbringen wird, sollten dabei Elemente wie Gold eingesetzt werden. Auch hier sind noch diverse Hindernisse zu überwinden, bis diese sehr interessante Möglichkeit Realität wird. In der aktuellen Phase müssen wir das Potenzial der Spektral-CT in unterschiedlichen klinischen Umfeldern erkunden. Nur durch kontinuierliche technische Verbesserungen und klinische Studien können wir ein Niveau erreichen, auf dem wir das Potenzial der Spektral-CT als Mittel der molekularen Bildgebung tatsächlich auch ausschöpfen können.

Strahlendosis ist ein zentrales Thema angesichts der immer weiteren Verbreitung der CT. Erkennen Sie hier Fortschritte?

Prof. Dr. Maximilian Reiser
Reiser: Bei der Reduzierung der Strahlendosis in der CT haben wir unglaubliche Fortschritte erzielt. In den letzten fünf Jahren wurden zahlreiche Methoden entwickelt, um die Dosis in manchen Fällen auf bis zu ein Zehntel zu reduzieren. Dazu haben in erster Linie neue und leistungsstärkere Röntgenröhren beigetragen, die ausreichend Strom generieren, damit die Bildgebung bei niedriger kV und geringerer Strahlendosis erfolgen kann. Noch wichtiger jedoch scheint mir die Entwicklung und Verbesserung der iterativen Rekonstruktion zu sein, die eine Darstellung der Bilder mit weniger Rauschen ermöglicht als die herkömmliche gefilterte Rückprojektion. Damit kann der Röhrenstrom heruntergefahren und Sub-Millisievert-Untersuchungen erreicht werden.

Die modernsten Radiologiezentren sind in der Lage, alle diese Instrumente der Dosisreduktion zu nutzen. Aber wie können sie ihr Wissen am besten weitergeben?

Reiser: Diese Instrumente sind nicht so schwer zu nutzen, insbesondere wenn an Universitätskrankenhäusern Protokolle entwickelt und getestet werden, die dann weitergegeben werden. Die Grundvoraussetzung für den flächendeckenden Erfolg bei der Dosisreduktion ist der Wille, Änderungen der Scanprotokolle und der Anatomiedarstellung zu akzeptieren. Kongresse wie dieser können sehr gut dazu beitragen, diese Techniken zu vermitteln.

Gibt es in Bezug auf den Einsatz der CT wesentliche Unterschiede zwischen den USA, Europa und dem Rest der Welt?

Rubin: Das ist eine interessante Frage, zu der ich eher nur anekdotische Informationen habe: Ultraschall wird in Ländern mit begrenztem Zugang zur CT stärker genutzt. Bei einer Bevölkerung mit geringerem Body-Mass-Index kann der Ultraschall zur Diagnose zahlreicher abdomineller und pelviner Erkrankungen eingesetzt werden. Mit anderen Worten, die CT ist in solchen geografischen Regionen weniger wichtig. Auch wenn der Zugang zur MRT begrenzt ist, wird die CT wichtiger, insbesondere für die Untersuchung des Gehirns. Über diese allgemeinen Bemerkungen hinaus kann ich keine belastbaren Daten anbieten. Allerdings würde eine genaue Untersuchung dieser Trends bestimmt interessante Erkenntnisse zutage fördern.

Die PET/CT ist in jüngster Zeit stark beachtet worden. Wie sieht Ihrer Meinung nach die Zukunft der Hybrid- und Stand-Alone-CT aus?

Rubin: Die PET/CT ist ein sehr wichtiges Instrument, in erster Linie zur Detektion von malignen Massen und zur Beurteilung des Ansprechens auf die Therapie. Darüber hinaus ist sie sehr nützlich für die Erkennung okkulter Infektionen. Allerdings haben wir Folgendes beobachtet: Der Anteil der CT-Untersuchungen, die definitiv von der entsprechenden PET-Bildgebung profitieren, ist zwar von Patientengruppe zu Patientengruppe unterschiedlich, bleibt jedoch insgesamt relativ klein. An der Duke University lag er unter 5 Prozent. Das heißt, Hybrid-Scanner, die PET und CT kombinieren, werden auch in Zukunft wichtig sein und vermutlich weiter in ihrer Bedeutung zunehmen. Nichtsdestotrotz werden Stand-Alone-Scanner aufgrund ihrer Vielseitigkeit, ihrer Geschwindigkeit und nicht zuletzt aus Kostengründen die klinische Praxis in fast allen Zentren beherrschen.

Das Interview stammt aus der Kongresszeitschrift CT Garmisch 2014 herausgegeben von der European Hospital. Weitere Artikel unter http://www.european-hospital.com/de/epapers/395

veröffentlicht am Dienstag, 18. Februar 2014