Deutsche Röntgengesellschaft e.V.
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Professor Dr. med. Thomas Liebig, Leiter der Abteilung für Neuroradiologie, Universitätsklinikum Köln DRGKöln, 10. Oktober 2013 – Am 2. November 2011 verändert ein Schlaganfall das Leben von Wolfgang Niedecken. Am Universitätsklinikum Köln behandeln Neuroradiologen den BAP-Musiker erfolgreich mit einer neuen Methode: Sie ziehen den Blutpfropfen mit einem Katheter aus der Arterie im Gehirn. Über seine Therapie und sein Leben nach dem Schlaganfall berichtet Niedecken heute auf der Pressekonferenz anlässlich von neuroRAD, der 48. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Neuroradiologie. Professor Dr. med. Thomas Liebig, wird erläutern, wie die sogenannte Thrombektomie funktioniert und wann sie der medikamentösen Therapie überlegen ist.
Jedes Jahr erleiden in Deutschland rund 200 000 Menschen einen Schlaganfall. Er ist hierzulande die dritthäufigste Todesursache. In etwa 80 Prozent der Fälle ist der Auslöser eine Minderdurchblutung des Gehirns. Ursache ist häufig ein Blutgerinnsel, das ein Gefäß im Gehirn verstopft. Etwa 15 bis 20 Prozent dieser sogenannten ischämischen Schlaganfälle beruhen auf einem Verschluss großer Hirngefäße. „Ein großer Thrombus lässt sich oft nicht allein durch eine standardmäßige Gabe von Medikamenten auflösen“, sagt Professor Dr. med. Thomas Liebig, Leiter der Neuroradiologie am Universitätsklinikum Köln. „Weil die schnelle Öffnung des Gefäßes aber essentiell ist, um Hirnschäden zu vermeiden, kommt in diesen Fällen die Thrombektomie zum Einsatz.“
Bei dieser Methode schieben Neuroradiologen unter Röntgenkontrolle über die Leistenarterie einen Katheterdraht bis in das Gehirn vor. Im betroffenen Gefäß im Gehirn entfalten sie einen Stent-Retriever, ein feines Gitterröhrchen, in dem sich der Blutpfropfen verfängt. Indem sie den Katheter zurückziehen, entfernen sie den Thrombus. In acht von zehn Fällen ist die Wiederöffnung des Gefäßes möglich: „Eine erfolgreich durchgeführte Thrombektomie führt bei vielen Patienten zu dramatischen Verbesserungen und oft raschen Genesungsfortschritten, die allein durch die medikamentöse Standardtherapie bei großen Verschlüssen kaum zu erreichen ist“, so Liebig, in dessen Klinik die Methode regelmäßig angewandt wird. Dort wurde auch Wolfgang Niedecken behandelt.
Der wissenschaftliche Beweis, dass das neue Verfahren bei großen Verschlüssen bessere Ergebnisse erzielt als die Lysetherapie allein, steht jedoch noch aus. „Viele bereits veröffentlichte Studien sind begrenzt aussagekräftig, weil sie veraltete Techniken und Geräte verwenden, die den modernen, heute verwendeten Systemen deutlich unterlegen sind“, so Liebig. Zuletzt konnten 2012 mehrere Studien zeigen, dass die Rekanalisation des Gefäßes mit modernen Stent-Retrievern nahezu doppelt so häufig möglich ist. „Zudem gibt es Hinweise darauf, dass beide Therapieformen, Lyse und Thrombektomie, synergistisch wirken können. In vielen Zentren hat sich etabliert, direkt nach der Aufnahme des Patienten eine Lyse durchzuführen, um die Zeit bis zur Thrombektomie zu überbrücken. Weitere, groß angelegte Studien, die derzeit auch schon anlaufen, sind notwendig, um sauber zu definieren, wie das vielversprechende Verfahren zum größtmöglichen Nutzen des Patienten angewandt werden sollte“, so Liebig.