Bestallungen (Approbationen) jüdischer Ärzte erlöschen am 30. September 1938
Vor 75 Jahren nahm der NS-Gesetzgeber Ärztinnen und Ärzten die staatliche Berufszulassung
Vorwort der Gesellschaftspräsidenten Im Jahr 2010 beauftragte die Deutsche Röntgengesellschaft e.V. (DRG) Frau Dr. Gabriele Moser, eine ausgewiesene Fachhistorikerin, mit der Aufarbeitung der Geschichte der Gesellschaft in den Jahren der nationalsozialistischen Diktatur. Die Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie e.V. (DEGRO) trat im Hinblick auf die gemeinsame Vergangenheit von DRG und DEGRO diesem Projekt im Jahr 2012 bei. Die weitreichenden Forschungen Mosers zeichnen den verbrecherischen Einsatz der Röntgenstrahlung im Dienste nationalsozialistischen Rassenwahns nach und dokumentieren wissenschaftliche Karrieren. Sie umfassen aber auch die oftmals schwierige Bergung von Biografien verfolgter und ermordeter Radiologinnen und Radiologen. Die hier vorgelegte Dokumentation der 1938 ihrer ärztlichen Approbation beraubten und aus der DRG ausgeschlossenen, jüdischen Kolleginnen und Kollegen bildet anlässlich des 75. Jahrestages dieses Datums den Auftakt für die Darstellung der Geschichte der DRG zwischen 1933 und 1945. Diese wird auf den kommenden Jahrestagungen der DRG und der DEGRO der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Prof. Dr. Norbert Hosten, Greifswald Prof. Dr. Michael Baumann, Dresden |
Vor 75 Jahren nahm der NS-Gesetzgeber Ärztinnen und Ärzten die staatliche Berufszulassung
„Bestallungen (Approbationen) jüdischer Ärzte erlöschen am 30. September 1938“
Mit dem Inkrafttreten der „Vierten Verordnung zum Reichsbürgergesetz“ vor 75 Jahren hörten jüdische Ärzte auf, „Arzt zu sein“, wie ein einschlägiger Aufsatz des „Deutschen Ärzteblattes“ im August 1938 für Ende September mitteilte (Grote). Nachdem die sog. „Nürnberger Gesetze“ aus dem Jahr 1935 – das „Reichsbürgergesetz“ und das sog. „Blutschutzgesetz“ – die deutschen Staatsbürger willkürlich sortiert und die deutschen Juden und Jüdinnen zu „rassisch Fremden“ erklärt hatten (Grenville), griff diese Verordnung fundamental die berufsrechtlichen Grundlagen des Ärztestandes an. Die Bestallungsentziehung der jüdischen Ärzte sollte, so das Amtsblatt der Reichsärztekammer und der KVD, den „Schlußstein“ der „Ausschaltung der Juden aus jeglicher ärztlicher Tätigkeit“ bilden (Jäckle, Schwoch, Schwoch/Hahn).
Auch für viele strahlendiagnostisch und –therapeutisch tätige Ärztinnen und Ärzte bedeutete die Entziehung der Approbation das Ende ihrer beruflichen Laufbahn im nationalsozialistischen Deutschland. Unter den 1.296 Mitgliedern der „Deutschen Röntgengesellschaft“ (DRG) des Jahres 1936 waren mindestens 159 Ärztinnen und Ärzte von dem Entzug der staatlichen Zulassung zur Ausübung des Arztberufes betroffen. Nur wenige dieser entrechteten Ärzte wurden, zudem nur für eine kurze Zeit und in jederzeit widerruflicher Form, von der Reichsärztekammer als sog. „Krankenbehandler“ zugelassen, die sich ausschließlich um jüdische Erkrankte kümmern durften.
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