INTERVIEW

„Bread-and-butter business“ und Innovationen: der SAINT-Kongress 2017 bietet Vielfalt

Vom 3. bis 4. November 2017 findet das 12. Symposium für Angewandte Interventionsradiologische Techniken (SAINT) im Schloss Johannisberg im Rheingau statt. Im Interview erläutert Kongresspräsident Prof. Dr. med. Markus Düx, Chefarzt des Zentralinstituts für Radiologie und Neuroradiologie am Krankenhaus Nordwest (Frankfurt am Main), welche Highlights die Teilnehmer erwarten dürfen und warum benachbarte Fachdisziplinen eine wichtige Rolle für die Weiterentwicklung der interventionellen Radiologie spielen.

Die Schwerpunkte des SAINT sind vaskuläre und onkologische Interventionen. Welche Themen stehen hier in diesem Jahr besonders im Mittelpunkt und welche Referenten dürfen die Teilnehmer erwarten?

Prof. Dr. Markus DüxProf. Dr. Markus DüxDüx: Vaskuläre und onkologische Interventionen haben eine große Bandbreite. Der SAINT bedient dieses Spektrum seit 2006, indem die inhaltlichen Schwerpunkte jedes Jahr variieren. In diesem Jahr werden die venösen Interventionen, z. B. bei Becken- und Beinvenenthrombose, und die minimal-invasiven Therapien von Leber- und Lungentumoren in den Vordergrund gestellt. Besonders wichtig ist uns der interdisziplinäre Austausch. Dazu laden wir gezielt Vertreter benachbarter Fachgruppen ein: Onkologen, Chirurgen, Gefäßchirurgen, Thoraxchirurgen und Angiologen. Was das Wissen um die Intervention bei Becken-Bein-Venen-Thrombosen angeht, ist zum Beispiel Dr. de Graaf aus Maastricht zum wiederholten Mal dabei. Von Seiten der Angiologen ist Dr. Amendt aus Mannheim vertreten. Wir werden mit ihnen diskutieren, wann beispielsweise rekanalisiert wird und wann nicht. In der Onkologie werden wir mit Thoraxchirurgen und natürlich Onkologen sprechen. Herausragende Radiologen vor Ort, die die interventionelle Onkologie vertreten, sind Prof. Pereira aus Heilbronn, Prof. Helmberger aus München und Prof. Wacker aus Hannover. Natürlich darf die arterielle Intervention nicht fehlen – das ist ja quasi unser „bread-and-butter business“. In diesem Jahr haben wir ein Gefäßkolloquium organisiert, wo wir auf Fallbasis in einem Board interdisziplinär die richtige Herangehensweise besprechen: interventionell – chirurgisch – angiologisch. Da erwarten uns im positiven Sinne kontroverse Diskussionen.

SAINT steht auch in diesem Jahr wieder für einen intensiven interdisziplinären Austausch. Sind interventionsradiologische Techniken denn überhaupt noch die Domäne der Radiologen?

Ich plädiere dafür, dass wir unsere Rolle als interventionelle Radiologen stärken, indem wir auch Behandlungen gemeinsam mit Kollegen anderer Fachgebiete anbieten. Ein Kampf gegeneinander bringt uns nicht weiter. Im Frankfurter Krankenhaus Nordwest operieren beispielsweise Teams aus Gefäßchirurgen und Radiologen zusammen in Hybridsälen, wenn es um komplizierte Fälle geht. Bei onkologischen Interventionen sehe ich ein großes Potenzial für Kooperationen, indem wir interventionelle Therapien additiv zu onkologischen Methoden einsetzen. Bei den Gefäßchirurgen sehe ich natürlich auch Konkurrenzdruck und habe ein gewisses Verständnis dafür, dass sie endovaskulär arbeiten. Sie würden sich gleichsam abschaffen, wenn sie nicht die endovaskulären Therapien aufgreifen. Der Trend geht in diese Richtung, deshalb haben sie Mechanismen entwickelt, um eigenständig interventionell zu arbeiten. Ein kluger Gefäßchirurg weiß aber auch, was er an uns Radiologen hat, das zeigt die tägliche Praxis. Wir können in guter Kooperation koexistieren, zum Nutzen unserer Patienten.

Trotz aller Kooperation: Wie kann sich die interventionelle Radiologie künftig noch besser aufstellen?

Wir müssen uns in der Radiologie stärker emanzipieren und bettenführend werden. Als eigene klinische Einheit hat man ein ganz anderes Standing gegenüber der Geschäftsleitung, weil man eigenes Geld verdient. Das sind natürlich kleine Dimensionen – wir sprechen hier von zwei bis sieben Betten für die Radiologie. Es gibt aber noch eine weitere Variante: keine festen Betten, sondern Belegungsoptionen auf einer interdisziplinär geführten Station. Auf dieser Station werden Patienten mit leichteren Eingriffen und kurzstationärem Krankenhausaufenthalt aus allen Fachdisziplinen gesammelt, um auf den Punkt entlassen zu werden. Komplikationen sind in dieser Patientengruppe selten und der Pflegebedarf ist vergleichsweise gering. Im Nordwest Krankenhaus beispielsweise bieten wir eine ganz spezielle Leistung an, die MR-gesteuerte Therapie mit fokussierten Ultraschallwellen (MRgFUS). Da kommen dann an Therapietagen bis zu fünf neue Patienten gleichzeitig – zusätzlich zu den Patienten, die sowieso für vaskuläre oder onkologische Eingriffe einbestellt sind. Diese große Zahl von Patienten können wir nicht im Krankenhaus als Fremdbeleger unterbringen. Wir wollen deshalb in Abstimmung mit der Geschäftsleitung, eine eigene Station mit zehn bis fünfzehn Betten aufbauen, die wir z. B. gemeinsam mit den interventionellen Gastroenterologen und Kardiologen mit Kurzliegern belegen.

Was ist das Besondere am SAINT? Prof. Dr. Düx verrät es im Videointerview:

Wie beurteilen Sie die Wirtschaftlichkeit minimal-invasiver Eingriffe – lohnen sich diese – wenn überhaupt – nur im Rahmen der stationären Versorgung?

Wir bieten maximal 10 bis 15 Prozent unserer interventionellen Therapien ambulant an, beispielsweise PORT-Anlagen, PICC-Katheteranlagen, die einfache PTA, den Becken- oder Gefäßstent. Alle anderen sind stationär. Das ist auch richtig so, denn bei aller Minimalinvasivität kann es immer mal Komplikationen geben. Wir leben in einer zunehmend alternden Gesellschaft mit höherer Morbidität unserer Patienten. So behandeln wir heute u. a. 80- bis 90-jährige Patienten mit sehr guten Ergebnissen, die aber einer stationären Überwachung bedürfen. In Bezug auf die Wirtschaftlichkeit und Effizienz sind interventionell-radiologische Eingriffe im Krankenhaus zudem ein Gewinn, denn sie bedeuten gegenüber offen-chirurgischen Eingriffen einen geringeren Ressourceneinsatz, sind also günstiger. Außerdem ist durch das DRG-System meist eine leistungsgerechte Vergütung gewährleistet. Leider gibt es auch unterfinanzierte Leistungen. Hier kämpfen wir u. a. mit den Fachgesellschaften für eine bessere Vergütung, da wir auch diese Therapien unseren Patienten zugänglich machen wollen.

Welche Rolle spielen Innovationen beim SAINT?

Wir möchten mit dem Programm des SAINT zum Erfahrungsaustausch über neue Techniken betragen. Dazu dienen unsere „Interventionsküchen“, in denen Partner aus der Industrie neue Techniken und Produkte vorstellen. Aber auch wir Radiologen sprechen hier über unsere Erfahrungen mit neuen Methoden. Nehmen wir doch noch einmal das Beispiel der MRgFUS. In Frankfurt haben wir vor zweieinhalb Jahren dieses Gerät angeschafft und therapieren damit nicht-invasiv Patienten mit Rückenschmerzen, mit Myomen und Knochentumoren. Das System hat bislang keine große Verbreitung in Deutschland, denn es ist sehr teuer. Wir können aber berichten, dass sich die Investition lohnt und wir unser therapeutisches Spektrum erheblich erweitern – ein echter Gewinn für die Patienten! Genau solche Argumente für und wider neue Techniken möchten wir auf dem Kongress zur Sprache bringen und gemeinsam überlegen, wie sich eine Methode in den Markt einführen lässt.

Was dürfen die Teilnehmer beim SAINT-Kongress erwarten? Teil II des Videointerviews:

Jenseits von Themen und Innovationen – was macht den SAINT als Veranstaltung so besonders?

Beim SAINT haben die Teilnehmer die Gelegenheit, in Ruhe mit renommierten Kollegen zu diskutieren, ganz ohne die bei vielen Kongressen übliche Eile von Termin zu Termin. Ich lege viel Wert darauf, dass ein Teil der Referenten schon SAINT-erfahren ist. Einige von ihnen waren bereits bei unserem ersten Kongress im Jahr 2006 dabei. Dadurch hat unser Meeting fast schon etwas Familiäres. Jedes Jahr holen wir aber auch neue Referenten hinzu – diese Mischung macht den Charme des SAINT aus. Und natürlich stimmt auch der Rahmen. Auf Schloss Johannisberg haben wir die besten Bedingungen: einen wunderschönen, geschichtsträchtigen Kongresssaal in einem renommierten Weingut, das in einer einzigartigen Weinkulturlandschaft liegt. Die Wege sind zudem kurz. Der Rheingau ist nur einen Katzensprung von Frankfurt und Wiesbaden entfernt, berühmt für seinen Wein und einen milden Herbst. Offenbar ist auch unser Kongress schon für das traditionell gute Wetter bekannt. Für die Begleitpersonen organisiert meine Frau ein entspanntes Rahmenprogramm, z. B. mit Wanderungen. Ich kann nur sagen: Kommen Sie und probieren Sie es aus. Sie werden positiv überrascht sein!

Professor Düx, vielen Dank für das Gespräch!